Birte Könneke, SPD
Birte Könneke

Was werden Sie tun, um für die Einhaltung des 1,5°C-Ziels einzutreten?

Für eine mutige Klimapolitik braucht es Mehrheiten jenseits der CDU, das hat die letzte Legislaturperiode gezeigt. Als Landtagsabgeordnete und innerhalb der Landtagsfraktion werde ich mich dafür einsetzen, dass jedes Gesetzesvorhaben auf seine Auswirkungen auf Klima und Umwelt überprüft werden muss und nur dann verabschiedet werden kann, wenn es mit der Einhaltung unseres CO2 Budgets vereinbar ist.

Klimapolitik kann man nicht isoliert betrachten, vielmehr ist es ein Querschnittsthema, welches nahezu alle Politikfelder betrifft und deshalb immer mitgedacht werden muss. Dabei sind die Themen (Erneuerbare) Energie, Wärme, Mobilität und Industrie nicht nur elementar für den Klimaschutz, sondern eben auch für das alltägliche Leben der Baden-Württemberger*innen. Als Sozialdemokratin ist es mir ein Anliegen für einen sozial verträglichen und effektiven Klimaschutz zu kämpfen. Ich möchte eine Klimapolitik, die den Stillstand der letzten 5 Jahre beendet und niemanden zurücklässt.

Was bedeutet ein Nicht-Erreichen des 1,5°C-Ziels für Freiburger*innen und Baden-Württemberger*innen konkret?

Die Auswirkungen kann man heute bereits beobachten und mit jedem weiteren Ansteigen der Temperatur werden sie sich verschärfen. In unserem Bundesland sind die Temperaturen laut Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg in den vergangenen Jahrzehnten um 40 Prozent stärker gestiegen als im globalen Vergleich. Die Dürresommer mehren sich und bringen unsere Landwirte und Wälder in echte Schwierigkeiten. Heimische Arten sind der Hitze im Sommer nicht mehr gewachsen und sterben aus oder werden von anderen Arten verdrängt. Krankheiten, die bisher nur in subtropischen Ländern aufgetaucht sind, werden mittlerweile auch in Baden-Württemberg übertragen. Als Tierärztin sehe ich heute schon die Probleme zum Beispiel im Bereich der Weidetierhaltung ganz konkret, wenn die Grünflächen verdorren und nicht mehr genug Nahrung für die Tiere bereitsteht.

Auch unsere regionale Lebensmittelversorgung gerät durch Extremwetterlagen immer mehr unter Druck. So treten extreme Wetterphänomene wie Hochwasser oder Hagel immer häufiger auf, die zum Teil ganze Ernten vernichten. Und dass das Leben in Städten, mit wenig natürlichem Grün und viel Beton im Sommer bei steigenden Temperaturen oftmals sehr belastend bis hin zu lebensbedrohend ist, erleben wir auch bereits jedes Jahr.

Verteilt man das weltweit verbleibende CO₂-Budget gleichmäßig, hat Deutschland voraussichtlich 2024 sein gesamtes CO₂-Budget für das 1,5°C- Ziel aufgebraucht. 
Hat das für Sie und Ihre Partei eine Konsequenz und wenn ja welche?

Die Grün-Schwarze Landesregierung lebt von faulen Kompromissen, mit denen am Ende keiner wirklich zufrieden ist und elementare Ziele verfehlt werden. So hat sie es tatsächlich geschafft, im Jahre 2020 ein Klimaschutzziel für 2030 vorzugeben, welches nicht mit dem Pariser Klimaschutzabkommen vereinbar ist. Das selbst gesteckte Ziel für 2020 (nur 25% Emissionsreduktion im Vergleich zu 1990) ist auch nur deshalb erreichbar, weil die Corona Pandemie den CO2 Ausstoß für das Jahr 2020 deutlich reduziert hat. Beim Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung liegt Baden-Württemberg mit gerade einmal 27,1% an 10. Stelle. Baden-Württemberg ist für 0,2% der weltweiten Treibhausemissionen verantwortlich, das ist mehr als der Anteil an der weltweiten Bevölkerung (0,14%) dabei stellen die Grünen nunmehr seit fast 10 Jahren sowohl den Ministerpräsidenten als auch den Umweltminister.

Als Sozialdemokrat*innen verpflichten wir uns zum 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens und der Einhaltung unseres CO2 Budgets. Wir wollen deshalb ein ehrgeiziges Klimaschutzgesetz verabschieden, welches ein funktionierendes Kontrollsystem beinhaltet, “das die Landesregierung auf die Klimaziele verpflichtet und automatische Mechanismen bei Nichteinhaltung etabliert” (Auszug aus dem Wahlprogramm der SPD Baden-Württemberg S. 26). So wird die Einhaltung des verbliebenen CO2 Budgets eine wirksame Kontrollinstanz staatlichen Handelns werden.

Welche Ideen und Visionen verfolgen Sie und Ihre Partei für ein grundsätzliches Umlenken in unserer Gesellschaft und Wirtschaft?

Für ein Umlenken in Gesellschaft und Wirtschaft braucht es einen wirtschaftspolitischen Gestaltungswillen, welcher leider derzeit nicht erkennbar ist. Wo, wenn nicht in Baden-Württemberg, kann aus Innovationskraft und Branchenvielfalt ein Motor für eine klimaneutrale Gesellschaft entstehen?  Dazu wollen wir Sozialdemokrat*innen die Forschungsgelder für klimafreundliche Technologien drastisch erhöhen, landeseigene Fonds helfen mittelständischen Zulieferbetrieben bei der Antriebswende und sichern damit Arbeitsplätze, klimaverträgliche Fahrzeuge werden durch bessere finanzielle Förderung bezahlbar.

Wir wollen günstigen und flächendeckend zuverlässigen ÖPNV statt Verbrenner, wir wollen zügigen Ausbau erneuerbarer Energien und Kohleausstieg deutlich vor 2038. Wir müssen energieeffizientes Bauen und Sanieren fördern, damit Wohnen und Wärme und Klimaschutz sich nicht ausschließen.

Der Umbau zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Gesellschaft muss oberste Priorität haben, da unser aller Lebensgrundlagen davon abhängen.

 

Wie werden Sie Bürger*innen in die Gestaltung dieses tiefgreifenden Übergangs einbinden?

Klimaschutz ist ganz wesentlich auch eine soziale Frage. Und er ist eine Frage der gerechten Verteilung von Ressourcen zwischen und in den Staaten und zwischen den Generationen. Klimaschutz ist rot. Das heißt für uns Sozialdemokrat*innen, dass Klimaschutzpolitik immer auch sozial verträglich sein muss. Nur so erreichen wir eine Akzeptanz in der Bevölkerung, welche eine effektive Bekämpfung des Klimawandels möglich macht.

Klimaschutz ist eine gemeinschaftliche Kraftaufgabe: Es liegt an jedem von uns seinen CO2-Fußabdruck zu verkleinern, damit wir nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Umwelt und eine Lebensgrundlage hinterlassen können. Die überwältigende Mehrheit der Baden-Württemberger*innen hat bereits in der Corona-Pandemie gezeigt, dass sie in der Lage sind, sich in Zeiten der Krise solidarisch im Sinne der Gemeinschaft zu verhalten. An diese Solidarität müssen wir zur Bewältigung der Klimakrise appellieren. Mit einer gesunden Mischung aus Einsicht und Freiwilligkeit, Innovationen, Preispolitik und staatlichen Vorgaben wollen wir diese Krise überwinden. Klimafreundliches Handeln in Kernbereichen wie Bauen, Mobilität, Wärme und Erneuerbare Energien muss gezielt gefördert werden und klimaschädliches Handeln muss teurer werden, z.B. durch eine höhere CO2-Bepreisung.

Als Gesellschaft sollten wir nicht einseitig auf die Herausforderungen des Klimawandels schauen, sondern die sich durch Klimaschutz bietenden Chancen ergreifen. Er kann den Wirtschaftsstandort und unsere Gesellschaft in eine nachhaltige Zukunft führen. Diese Chancen müssen den Bürger*innen glaubhaft vermittelt werden. Durch entschlossenes Handeln in Politik und Wirtschaft wollen wir, dass Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz einnimmt.

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