Jennifer Sühr, SPD
Jennifer Sühr
SPD
Freiburg I [46]

Was werden Sie tun, um für die Einhaltung des 1,5°C-Ziels einzutreten?

  • Zukunftsfonds für die Dekarbonisierung der Industrie (Förderung von Start-Ups, Förderung der Forschung, Förderung umweltfreundlicher Produktionsmethoden, Förderung von Produkten, die leicht recycelt werden können)
  • Ausbau der Erneuerbaren durch Nutzung landeseigener Gebäude und Flächen für PV und Windenergie, Förderung von Bürgerenergiegenossenschaften und Nahwärmeverbünden, weitgehende Dezentralisierung der Energieerzeugung (Energie soll möglichst in der Region erzeugt werden, in der sie auch verbraucht wird). Bis 2030 müssen mindestens 75% der verbrauchten Energie aus Erneuerbaren Energien stammen.
  • Verpflichtung bei Neubauten zur Installation von Solaranlagen – möglichst mit Speicher -  und wenn bautechnisch möglich auch bei Sanierungen.
  • Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Photovoltaik-, Wasser- und Windkraftanlagen.
  • Förderprogramm für Photovoltaik an Fassaden.
  • Überbauung von Verkehrswegen (von Radwegen bis zu Autobahnen) mit Solarpaneelen.
  • Förderung intelligenter Stromnetze und Stromspeicher, Förderung von Wasserstofferzeugung mit Erneuerbaren Energien.
  • Aufbau einer Kreislaufwirtschaft durch Recyclingbetriebe in Ba-Wü. Modellversuche Kreislaufwirtschaft in den Regionen.
  • Klimaschutzgesetz mit jährlichen Kontrollen der Zielerreichung und Sanktionen bei Nichterreichen, dafür Angabe der Klimaauswirkungen von Beschlüssen auf allen Veraltungsebenen von den Kommunen bis zum Land.
  • Förderprogramm für nachhaltigen Bauprojekte und vor allem das Bauen mit Holz. Förderung energieoptimierter Gebäudesanierung.
  • Erhalt von Naturräumen. Dafür müssen 10% der Landesfläche unter Naturschutz gestellt werden. Aufwertung von Grün- und Erholungsräumen in Siedlungsgebieten, Förderung der Gebäudebegrünung.
  • Die Verkehrswende beschleunigen: Die am Schnellsten umsetzbare Maßnahme im Bereich Mobilität den CO2-Ausstoss zu verringern, ist die Einführung des von der SPD schon vor Jahren geforderten generellen Tempolimits 120/80/30. Dies kann jedoch nur im Bund entschieden werden. Möglich ist aber, dass das Land auf Autobahnen, Bundes- und Landstraßen in Baden-Württemberg streckenbezogene Tempobegrenzungen mit den entsprechenden Begründungen (Verkehrssicherheit, Lärmschutz usw.) anordnet. Dies sollte zeitnah geschehen.
  • Weitere Maßnahmen: Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch im ländlichen Raum und Einführung des 365 €-Jahrestickets Nahverkehr in ganz Ba-Wü. Verbesserungen für Rad- und Fußverkehr. Car-Sharing-Modelle fördern. Ermöglichen einer City-Maut für Individualverkehr in Städten. Ausbau der Infrastruktur für E-Mobile.

Ba-Wü darf nicht mehr als 350 Tonnen CO2 pro Jahr emittieren!

Was bedeutet ein Nicht-Erreichen des 1,5°C-Ziels für Freiburger*innen und Baden-Württemberger*innen konkret?

Ba-Wü wird zunächst deutlich weniger vom Klimawandel betroffen sein als die Länder im globalen Süden. Genau das ist das Problem: bis die Auswirkungen bei uns massiv sein werden, ist der Klimawandel wegen des Überschreitens von Kipppunkten nicht mehr zu stoppen. Deswegen muss gehandelt werden, auch wenn für uns derzeit nur „Warnzeichen“ wahrnehmbar sind.
Ba-Wü wird in den nächsten Jahren vor folgenden Problemen stehen, wenn die Erderwärmung nicht gestoppt wird:

  • Überhitzung der Städte in den Sommermonaten mit Auswirkungen auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Menschen, kombiniert mit schlechter Luftqualität (Ozon, Feinstaub).
  • Zunehmende Trockenheit mit massiven Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Naturräume. Besonders Wälder sind betroffen, aber auch landwirtschaftlichen Flächen droht eine Versteppung. Die Bürger merken es meist noch nicht: aber die Trinkwasserversorgung wird aufgrund des sinkenden Grundwasserspiegels zunehmend schwieriger. Im Schwarzwald und vermutlich auch auf der Schwäbischen Alb versiegt die Wasserversorgung von Höfen in den Außenbereichen heute schon.
  • Zunehmende Extremwetterlagen mit Starkregen, Orkanen und Hitzeperioden in schneller Abfolge.

Verteilt man das weltweit verbleibende CO₂-Budget gleichmäßig, hat Deutschland voraussichtlich 2024 sein gesamtes CO₂-Budget für das 1,5°C- Ziel aufgebraucht. 
Hat das für Sie und Ihre Partei eine Konsequenz und wenn ja welche?

Die Antworten auf Frage 1 sind die Konsequenzen.
Wir müssen wegkommen von unserer bisherigen Wirtschafts- und Lebensweise des Verschwendens und des Lebens auf Kosten der ärmeren Länder vor allem im globalen Süden. Dies bedeutet auch, dass wir diese Länder auch finanziell dabei unterstützen müssen, klimaneutral zu werden, obwohl deren Wohlstand wachsen wird. Unser Wohlstand beruht auf deren Armut und es wird Zeit, dass wir etwas davon zurückgeben.

Welche Ideen und Visionen verfolgen Sie und Ihre Partei für ein grundsätzliches Umlenken in unserer Gesellschaft und Wirtschaft?

Auch dies ist in den Antworten auf Frage 1 bereits skizziert und wir haben diese Punkte in unserem Wahlprogramm festgeschrieben.

Wir brauchen einen Umbau unserer Wirtschaft in Richtung Klimaschutz. Dies bringt auch sichere, sinnvolle Arbeitsplätze und kann den Sozialstaat erhalten. Klimaschutz und Sozial- und Wirtschaftspolitik gehören zusammen.

Ein zentraler Baustein ist die Re-Regionalisierung der Wirtschaft: Globalisiert werden müssen Ideen, Forschung und Wissen. Produkte, Energie und Lebensmittel sollten möglichst in der Region erzeugt werden, in denen sie auch verbraucht werden. Dazu muss die Idee der Kreislaufwirtschaft und der Gemeinwohlwirtschaft Leitlinie sein.

Wie werden Sie Bürger*innen in die Gestaltung dieses tiefgreifenden Übergangs einbinden?

Durch Verordnungen „von oben“ sind die Ziele nicht erreichbar. Die Menschen müssen vor Ort, in ihrem Lebensraum in die Umwandlung der Wirtschaft und Gesellschaft einbezogen werden.

Dies wird nicht erreicht durch Appelle zu Verzicht, sondern durch Aufzeigen der positiven Auswirkungen von Veränderungen. Wir können das Klima schützen und trotzdem sehr gut leben!

Wirtschaftlich ist es wichtig, die durch Klimaschutz erzielbaren Erträge den Menschen vor Ort zu Gute kommen zu lassen, beispielsweise durch Bürgerenergiegenossenschaften für den Betrieb von Windparks und PV-Anlagen. Durch Mieshäusersyndikate zum Bau von Holzbausiedlungen und zur Renovierung und Sanierung von Bestandsgebäuden.

Gesellschaftlich muss es ermöglicht werden, dass die Menschen sich in öffentlichen Räumen (im Freien oder in Gebäuden) treffen können, um gemeinsam Ideen für den Klimaschutz, für das Zusammenleben und zur gegenseitigen Unterstützung entwickeln zu können.

Ich glaube nicht, dass die Klimawende allein durch „Überzeugungsarbeit“ und Anreize gelingen kann. Politik muss steuern und das geschieht ja auch durch die CO2-Bepreisung. Da sollte die Schraube deutlich stärker und schneller angezogen werden. Doch auch Verbote sind nötig, die aber wiederum meist nur durch Bundesgesetze erlassen werden können.

Beispiele:

  • Mikroplastik (sowohl festes als auch flüssiges Mikroplastik) hat in Waschmitteln und Kosmetika beispielsweise nichts zu suchen und muss auch nicht sein. Deshalb müssen diese Bestandteile verboten werden.
  • Tierunwürdige Massentierhaltung und -schlachtung gehört genauso verboten wie die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen.

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